«Wir dürfen nicht nur pessimistisch in die Zukunft schauen»

    Unter der Regie von Markus Dieth, Vorsteher des Departementes Finanzen und Ressourcen, hat sich der Kanton Aargau in den letzten Jahren finanziellen Handlungsspielraum verschafft und ist so für die finanzpolitischen Herausforderungen der Corona-Krise gerüstet. Der Finanzdirektor über den Austausch mit seinen Mitarbeitenden, langfristig stabile Kantonsfinanzen sowie schnell geschnürte Hilfspaket für die Wirtschaft.

    (Bild: zVg) Gut organisiert: Der Aargauer Finanzdirektor Dr. Markus Dieth geht meistens abends mit einem positiven Gefühl aus dem Büro.

    Sie sind seit 2017 Regierungsrat. Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Amt gemacht?
    Markus Dieth: Es macht Freude. Sehr gerne führe ich das Departement Finanzen und Ressourcen. Ich setze mich zusammen mit meinen rund 600 Mitarbeitenden dafür ein, dass unserem Kanton die nötigen finanziellen Mittel und Ressourcen für das Erfüllen der vielfältigen Aufgaben zur Verfügung stehen und diese effizient und im Sinne unserer Aargauer Kundinnen und Kunden eingesetzt werden. Ich schätze auch die Zusammenarbeit mit meinen Regierungsratskollegen und dem Grossen Rat. Schön und bereichernd finde ich auch immer die Begegnungen und Gespräche mit der Aargauer Bevölkerung. Leider mussten infolge Corona viele solcher Anlässe abgesagt werden.

    Welche markanten Projekte würden Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit einordnen?
    Ein starker Kanton braucht solide Finanzen, damit er sich positiv weiterentwickeln kann. Die Haushaltsanierung hatte deshalb in meiner ersten Legislatur höchste Priorität. Mit einem nachhaltigen Sanierungskonzept konnte der Staatshaushalt in nur drei Jahren saniert werden. Gleichzeitig konnten Schulden von einer halben Milliarde Franken abgebaut und eine weitere halbe Milliarde Franken in die Ausgleichsreserve für konjunkturelle Schwankungen gelegt werden. Ich bin froh, dass wir uns so wieder Handlungsspielraum erarbeiten konnten, um jetzt die grossen finanzpolitischen Herausforderungen der Corona-Krise bewältigen zu können. Wir haben in den letzten vier Jahren auch bedeutende Digitalisierungs- und Modernisierungsvorhaben umgesetzt, so dass der Kanton Aargau seine Aufgaben heute effizienter und noch kundenfreundlicher erfüllen kann und auch als Arbeitgeber an Attraktivität gewonnen hat.

    Eine wertschätzende Kommunikation in Ihrem Departement ist Ihnen sehr wichtig. Was steckt dahinter?
    Wir haben uns in meinem Departement von Anfang an intensiv mit unseren Werten der Zusammenarbeit und Führung auseinandergesetzt und machen diese auf allen Hierarchiestufen erlebbar. In unserem Leitbild ist unter anderem folgender Satz verankert: «Wir führen, handeln und kommunizieren mit Vertrauen und Respekt – klar und konsequent.» Ich nehme mir viel Zeit für den Austausch mit meinen Mitarbeitenden auf den verschiedensten Stufen. Für eine effiziente Aufgabenerfüllung ist es wichtig, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die Ziele der Organisation und des Kantons kennt und weiss, welchen persönlichen Beitrag sie oder er für die Zielerreichung zu leisten hat. Nur so können wir alle verlässliche und innovative Partner gegenüber unseren internen und externen Kunden sein und mit Freude für den Kanton Aargau wirken.

    Sie haben den Finanzhaushalt des Kantons im letzten Jahr merklich stabilisiert. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
    Wir sorgen erstens dafür, dass die kantonalen Finanzen langfristig stabil sind und sich in einem langfristigen Gleichgewicht befinden. Zweitens sichern wir den finanzpolitischen Handlungsspielraum für die zukünftigen Generationen. Und drittens sorgen wir mit einer nachhaltigen Finanzpolitik dafür, dass der Kanton seine wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Zielsetzungen dauerhaft und wirksam verfolgen kann.

    Und jetzt macht Ihnen Corona mit Kosten von rund 300 Millionen Franken einen Strich durch die Rechnung?
    Ja, in der Tat. Gerne hätten wir den in den letzten Jahren hart erarbeiteten finanziellen Handlungsspielraum für Zukunftsprojekte eingesetzt, die den Kanton Aargau als Wohn- und Wirtschaftsstandort weiterbringen. Jetzt haben die Folgen der Corona-Pandemie Priorität. Es war für den Aargauer Regierungsrat sehr wichtig, so rasch als möglich ein Hilfspaket für die Wirtschaft zu schnüren und mit entsprechenden Massnahmen auch die weiteren von der Krise hart getroffenen Bereiche wie Gastronomie, Kultur, Sport und die Spitäler zu unterstützen.

    Wie kann der Aargau all diese Kosten stemmen oder anders gefragt, wie kann der Aufgaben- und Finanzplan 2021-2024 wieder ausgeglichen werden?
    Dank der abgeschlossenen Haushaltsanierung und der vorausschauenden und verlässlichen Finanzpolitik verfügen wir über gute Voraussetzungen für die Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. Das stimmt mich zuversichtlich. Zudem zeigte das vergangene Rechnungsjahr 2020 einen positiven Verlauf, so dass auch unter Berücksichtigung der Covid-19-bedingten Mehrausgaben von einem Überschuss in dreistelliger Millionenhöhe ausgegangen werden kann. Damit eröffnet sich die Gelegenheit, dass der absehbare Überschuss aus der Rechnung 2020 zusätzlich in die Ausgleichsreserve eingelegt werden kann, um damit allfällige Fehlbeträge in den Folgejahren decken zu können.

    Sie haben die Hoffnung, dass der Wirtschaftseinbruch wegen Covid-19 nicht ganz so stark sein wird. Wie realistisch ist dies?
    Wir dürfen nicht nur pessimistisch in die Zukunft schauen, obwohl auch der Aargau im Jahr 2020 nicht von wirtschaftlichen Einbussen aufgrund der Covid-19-Pandemie verschont wurde. Das reale Bruttoinlandprodukt des Aargaus sank um minus 2,8 Prozent, wobei bei der Budgetierung noch ein Wachstum von plus 1,7 Prozent prognostiziert wurde. Aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur (weniger Tourismus, mehr Pharma) war der Rückgang der Wirtschaftsleistung jedoch etwas weniger stark als in vielen anderen Kantonen. Es besteht eine Hoffnung, dass der Wirtschaftseinbruch wegen der Covid-19-Pandemie nicht ganz so stark sein wird, wie in den Steuerprognosen erwartet. Das hängt jedoch von der konjunkturellen und wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Monaten ab.

    Der Kanton Aargau erhält 200 Millionen Franken mehr von der Nationalbank. Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk? Spass beiseite, wohin fliesst dieser unverhoffte Zustupf?
    Es gilt mit diesen Sondereffekten jeweils sorgsam und in der Planung vorsichtig umzugehen, gerade in einer von Unsicherheit geprägten Zeit. Die Zusatzausschüttungen der SNB müssen daher immer sinnvoll für die anstehenden Herausforderungen eingesetzt werden – für die Steigerung der Standortattraktivität des Aargaus zum Beispiel, oder für die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit COVID-19. Die höhere Ausschüttung an den Kanton für die Jahre 2020 und 2021 hilft, die hohen ausserordentlichen Ausgaben zur Milderung der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid 19-Pandemie zu tragen.

    Ihre Arbeitstage sind lang: Nebst der Tätigkeit als Finanzdirektor vertreten Sie den Aargau unter anderem als Mitglied des Verwaltungsratsausschusses der Schweizer Salinen AG, als Regierungsvertreter bei der Konferenz der Kantone, der Finanzdirektorkonferenz oder der Konferenz der Landwirtschaftsdirektoren. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?
    Planung ist das halbe Leben. Ich darf zudem auf ein gut organisiertes Fachteam abstützen, welches mich dabei unterstützt, die vielen anstehenden Aufgaben, Besprechungen und Konferenzen vorzubereiten, und mir mit Tat und Rat zur Seite steht. Dafür bin ich sehr dankbar. Das Wichtigste aber ist, dass ich immer mit Freude und Engagement bei der Arbeit bin. Das hilft auch, den Überblick zu wahren und die Prioritäten richtig zu setzen. Ich gehe meistens abends aus dem Büro und sage: «Heute war ein guter Tag».

    Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für Ihr Department in diesem Jahr gesetzt?
    Nach dem intensiven Landammann Jahr 2020 freue ich mich, wieder mehr Zeit für strategisch wichtige Vorhaben in meinem eigenen Departement zu haben. So wollen wir in den kommenden Monaten mit der finanziellen Langfristperspektive sowie einer neuen Steuerstrategie den Standort Aargau stärken. Ebenfalls weiter vorantreiben will ich den Ausbau der digitalen Dienstleistungen für Unternehmen und Bevölkerung (vgl. Kasten). Ganz wichtig ist auch eine weiterhin verlässliche und nachhaltige Finanzpolitik mit strategischem Weitblick. Zusätzlich freue ich mich darauf, die Anliegen unseres Kantons in Bundesbern aktiv zu vertreten – als Mitglied der Konferenz der Kantonsregierungen, als Vorstandsmitglied der Landwirtschaftsdirektoren sowie ab Juni als Präsident der Nordwestschweizer Regierungskonferenz.

    Interview: Corinne Remund


    Der Aargau wird digitaler – alle profitieren

    Mit dem Entwicklungsschwerpunkt und der Strategie «SmartAargau» will der Regierungsrat die digitale Transformation aktiv voranbringen und Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Gemeinden den Zugang zu kantonalen Angeboten und Dienstleistungen erleichtern sowie Prozesse und Abläufe digitaler und somit effizienter gestalten. Bereits sind verschiedene zukunftsweisende Projekte in Umsetzung oder in Planung. Für die Verwaltung bedeutet die Digitalisierung eine enorme Chance, das grosse Mengenwachstum schneller, effizienter und in hoher Qualität zu bewältigen und dabei dem wachsenden Bedürfnis nach elektronischen Dienstleistungen gerecht zu werden. So sparen beispielsweis die Aargauer Unternehmen mit der neuen Deklarations-Software eTAX AARGAU wertvolle Zeit und tragen nebenbei zu einem effizienten und ressourcenschonenden Veranlagungsverlauf bei. Auch der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth persönlich hat insbesondere in der Coronazeit einen gewaltigen Digitalisierungsschub erlebt: «Homeoffice, virtuelle Regierungsratssitzungen und hybride Teammeetings sind heute an der Tagesordnung. Es beeindruckt mich sehr, wie schnell und agil wir in der Verwaltung reagiert haben und die Vorteile der neuen Kommunikationsmöglichkeiten in der Arbeitswelt zu nutzen wissen.»

    CR

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