Die 100-jährige Geschichte würdigen

    Sie erinnert an alte Zeiten, vereint die Badener Bevölkerung und schafft Momente für die Ewigkeit: Vom 18. bis 27. August heisst es in Baden wieder Badenfahrt. Eine Zeit, in der die Stadt nicht schläft und sich ein Schleier der Euphorie über sie gelegt hat. In einem Interview taucht Oliver Eglin, Präsident des Badenfahrt Komitees, mit uns in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Badenfahrt ein.

    (Bild: zVg) Oliver Egli, Präsident des Badenfahrt Komitees: «Immer nahm sich die Badenfahrt zum Ziel, den aktuellen Wandel und seine Herausforderungen aufzugreifen.»

    10 Tage lang Badenfahrt, 1095 Tage lang Vorbereitung. Mit Fleiss, Schweiss und jede Menge Herzblut stellt das OK-Team der Badenfahrt seit 100 Jahren immer wieder ein Fest der extra Klasse auf die Beine. Der derzeitige Präsident des Badenfahrt Komitees Oliver Eglin spricht nun über seine Erfahrungen, Erwartungen und Hoffnungen an die Badenfahrt mit dem diesjährigen Motto «NEO-».

    Die Vorbereitungen für den Event Badenfahrt Ende August laufen auf Hochtouren. Welche Idee steckt hinter dem Motto «NEO-»?
    Oliver Eglin: «NEO-» vereint Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Motto ermöglicht Neuinterpretationen, Anknüpfungen und zeigt die Wandelbarkeit des Festes. Mit «NEO-» würdigen wir die 100 Jahre Badenfahrt, schauen auf die Geschichte zurück.

    Was machen die Vorbereitungen spannend?
    Wir sind seit etwas mehr als drei Jahren an der Planung und Organisation. Ein Fest wie die Badenfahrt braucht unzählige Menschen, die mit Leidenschaft und grösstenteils ehrenamtlich ihre Zeit investieren. Diese Zusammenarbeit, die Begegnungen und der Austausch machen dieses Volksfest einmalig.

    Die Badenfahrt feiert dieses Jahr ihren 100. Geburtstag. Wie gestalten Sie das Jubiläumsprogramm?
    Die Badenfahrt selbst haben wir bewusst nicht als Jubiläumsausgabe gestaltet. Die Verbindung zur 100-jährigen Tradition ist sowohl im Motto «NEO-» als auch mit der Rückkehr des Umzugs spürbar. Für das Jubiläum haben wir im Vorfeld verschiedene Massnahmen umgesetzt. Einerseits gibt es das Jubiläumsbuch «Entdecken. Erinnern. Erleben. 100 Jahre Badenfahrt». Andererseits würdigen wir mit dem Kulturbau «Bau-100» auf dem Theaterplatz die Ursprünge des Theaters und der Badenfahrt. Im Bau kann die 100-jährige Geschichte mittels Texte, Bilder und Audio erlebt werden und diverse Veranstalterinnen und Veranstalter bespielen den Bau mit Tanz, Theater, Musik und Workshops. So wird bereits in den Monaten vor der Badenfahrt der Jubiläumsspirit spür- und erlebbar.

    Dieses Jahr gibt es nach einer Pause im Jahr 2017 einen grossen Umzug. Welche Bedeutung hat der Umzug für den diesjährigen Event?
    Wir möchten mit den umliegenden Gemeinden, den Schülerinnen und Schülern von Baden und den Schulen spannende Projekte in den Umzug einbinden. Mit der Teilnahme aller Altersklassen unterstreichen wir den Volksfestcharakter des Umzugs. Der «NEO-»Umzug greift vergangene Festthemen auf und würdigt damit das 100-jährige Bestehen. Deshalb erhält jede vergangene Badenfahrt ein eigenes Sujet am Festumzug 2023. Wir rufen vergangene Erinnerungen wach und kreieren durch eine lebendige «NEO-»Interpretation neue Erlebnisse.

    Oftmals stand die Badenfahrt durch den Gigantismus in Kritik. Wie behalten Sie in dem diesjährigen Festprogramm die Übersicht?
    Für uns als Komitee steht die Qualität und nicht die Grösse des Festes im Vordergrund. Wir sind bestrebt, die Bekanntheit des Festes, so weit möglich, lokal und regional zu halten. Dank den neu erschlossenen Flächen (Festgebiet) wird sich 2023 das Publikum besser verteilen können. Gleichzeitig sind wir uns aber auch bewusst, dass wir nicht alle Faktoren beeinflussen können. Wir appellieren an ein respektvolles und friedliches Miteinander, damit wir alle gemeinsam das Fest geniessen können.

    Klimawandel und Strommangellage sind die zwei Themen, welche unsere Gesellschaft in der letzten Zeit sehr geprägt hat. Wie berücksichtigen Sie den nachhaltigen Aspekt an der Badenfahrt?
    Für uns sind alle nachhaltigen Aspekte, ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit, wichtig. Beim Geschirr hatten wir bereits bei der letzten Badenfahrt 2017 Mehrwegbecher im Einsatz, das werden wir auch dieses Mal so lösen können. Anders sieht es beim Gebinde – Teller, Besteck, Servietten, Kaffeebecher – aus. Täglich werden an der Badenfahrt Mahlzeiten im hohen fünfstelligen Bereich ausgegeben. Das kann man logistisch unmöglich mit Mehrwegmaterial lösen. Wir planen deshalb mit kompostierbaren Materialien. Das Besteck ist aus Holz oder gepresstem Karton, das restliche Geschirr aus Karton oder aus Bagasse. Das sind die faserigen Rückstände aus der Verarbeitung von Zuckerrohr.

    Wie ist aus einem Fest, das ursprünglich als Gemeinschaftsstärkung nach dem Ersten Weltkrieg gedacht war, eines der wichtigsten Volksfeste der Schweiz geworden?
    Die Badenfahrt hat immer schon den gesellschaftlichen Wandel aufgegriffen. So unterschiedlich die individuellen Bezüge und Erlebnisse sind, sie alle tragen einen Teil dazu bei, dass die Badenfahrt ihr 100-jähriges Bestehen feiern darf. 1923 wurde die erste Badenfahrt initiiert, um nach dem Ersten Weltkrieg und dem Landesstreik die Gemeinschaft zu stärken. Im Verlauf der Jahre wandelten sich die gesellschaftlichen Gegebenheiten, doch immer nahm sich die Badenfahrt zum Ziel, den aktuellen Wandel und seine Herausforderungen aufzugreifen.
    100 Jahre später, befinden wir uns an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert der Badenfahrt. Auch heute stehen wir vor ähnlichen Herausforderungen. Die Pandemie hat Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. Krieg in Europa, Energiekrise und Klimawandel beschäftigen die Menschen. Wie damals kommen Menschen zusammen, um die Badenfahrt zu organisieren und die 100-jährige Geschichte zu würdigen.

    Wie prägt der Charakter der Stadt Baden die Festlichkeiten?
    Wegen der heissen Quellen wurde Baden schon früh als Reiseziel bekannt. Mit dem Einbezug des Bäderquartiers knüpft die Badenfahrt 2023 an diese historischen Begebenheiten an. Der Charakter der Stadt Baden bietet eine optimale Umgebung für die Badenfahrt.

    Was wünschen Sie sich persönlich für diesen grossen Event im August?
    Ich wünsche mir ein Fest, an dem alle zusammen friedlich und respektvoll die Momente geniessen und erneut ein unvergessliches Erlebnis schaffen. Ich freue mich insbesondere darauf zu sehen, wie alles zusammenkommt und zusammenpasst. Wie die Puzzleteile sich zusammenfügen und erneut ein Fest stattfindet, das alle Menschen und Generationen willkommen heisst. Ich freue mich auf die Begegnungen, den Austausch und die neuen gemeinsamen Erinnerungen und Erlebnisse.

    Interview: Lilly Rüdel

    www.badenfahrt.ch

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