Nina und Diego Lodise haben Betreuungseinrichtungen clever digitalisiert. Dank der Unterstützung des Hightech Zentrums Aargau, der Berner Fachhochschule, der Apptiva AG und des Dachverbands Tagesstrukturen/Mittagstische Aargau (DTMA) wurde im Rahmen einer Forschungszusammenarbeit eine mehrsprachige und einzigartige Software- und Applösung entwickelt, welche die alltäglichen administrativen Aufgaben für Betreuungseinrichtungen digitalisiert und auf ein Minimum reduziert. Die beiden Gründer der Leoba GmbH stellen ihre Software- und Applösung hier vor.
Sie haben das Start-up Leoba gegründet. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Nina Lodise: Als Sozialarbeiterin FH erhielt ich über mehrere Jahre Einblicke in diverse Bereiche des Sozialwesens. So arbeitete ich im Kindes- und Erwachsenenschutzbereich als Sozialpädagogin und leitete unter anderem eine grosse Betreuungsinstitution im Kanton Aargau. Der administrative Aufwand war stets immens und der Digitalisierungsstand ausbaufähig. Mein Mann absolvierte den Master in «Digital Business Administration» an der Berner Fachhochschule und wies als Bereichsleiter vertiefte Arbeitserfahrung in grösseren Digitalisierungsprojekten auf. So ist in zahlreichen privaten Gesprächen die Gründungsidee für die Leoba GmbH entstanden. Als dann unser Sohn im August 2022 das Licht der Welt erblickte, erlebten wir hautnah, wie aufwändig der Anmeldeprozess bei einer Betreuungseinrichtung sein kann. Nach einer Umfrage bei über 100 Institutionen zum aktuellen Digitalisierungsgrad waren wir noch motivierter, eine Verbesserung in diesem Bereich zu bewirken.
Was hat es gebraucht, um das massgeschneiderte Tool, das die Planung und die Belegung von Betreuungsangeboten erleichtert, marktfähig zu machen?
Nina Lodise: Kurz gesagt: Energie, Flexibilität und eine enge Zusammenarbeit mit den Zielgruppen. Unser Produkt wurde nicht vom Bürotisch aus entwickelt, vielmehr arbeiteten wir eng mit unseren Zielgruppen, namentlich den Institutionen und den Eltern zusammen. Dank der Kooperation mit dem Dachverband Tagesstrukturen und Mittagstische Aargau (dtma) fanden wir über 100 Einrichtungen, welche in der Testphase mitwirkten. Unser Projekt wurde von Beginn an durch namhafte Partner wie die Aargauische Kantonalbank, das Hightech Zentrum Aargau und die Berner Fachhochschule unterstützt. Ferner wurde unsere Lösung während zwei Monaten seitens der Probanden intensiv getestet. Anschliessend implementierten wir die eingegangenen Feedbacks in unsere Software- und Applösung. Die Zusammenarbeit mit der Softwareentwicklungsfirma Apptiva AG mit Sitz in Sempach war äusserst agil und gut organisiert. Dank der bedarfsgerechten Entwicklung und der Förderung durch unsere starken Kooperationspartner sind wir von unserer Marktfähigkeit überzeugt.
Was sind die Vorteile Ihrer Software?
Diego Lodise: Die Vereinfachung des administrativen Aufwandes.Die Betreuungseinrichtungen haben mehr Zeit, um sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Menschen in sozialen Bereichen wollen in erster Linie sozial tätig sein und so wenig administrative Tätigkeiten wie möglich erledigen. Wir helfen ihnen dabei. Unsere Funktionen sind umfassend, bedarfsgerecht und sinnvoll. Auch die Kommunikation zwischen Eltern und Institution wurde massiv vereinfacht. Die Rückmeldungen unserer Kunden sind äusserst positiv, was uns jeden Tag aufs Neue motiviert.
Was macht Leoba für Betreuungsinstitutionen sehr benutzerfreundlich?
Nina Lodise: Die ganze Software- und Applösung ist durchdacht und benutzerfreundlich konzipiert. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir im Rahmen einer Forschungszusammenarbeit mit dem Hightech Zentrum Aargau und der Berner Fachhochschule zusammengearbeitet. Um unsere Software- und Applösung zu nutzen, bedarf es keinerlei IT-Affinität. Die Berner Fachhochschule unterstützte uns bereits von Beginn an mit viel Know-how. Unter der Leitung von Prof. Dr. Reinhard Riedl wurden von dessen Team alle Funktionen hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit kritisch hinterfragt. Dank der Zusammenarbeit mit den über 100 Testinstitutionen konnte die Benutzerfreundlichkeit direkt geprüft werden.
Diego Lodise: Weiter bieten wir unsere Software- und Applösung auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch an und reagieren dadurch auf die mehrsprachige Schweiz.
Welche Bedürfnisse muss Leoba erfüllen?
Nina Lodise: Leoba muss in erster Linie bedarfsgerecht und benutzerfreundlich sein. Im Weiteren muss ein nahtloser Kundensupport gewährleistet und die individuelle Konfigurierbarkeit sichergestellt werden. Konkret: Es können nicht alle Einrichtungen über einen Kamm geschert werden, denn wir haben gleichzeitig kleinere Kunden mit 10 Betreuungsplätzen und grössere Kunden mit mehreren Standorten und über 1000 Betreuungsplätzen. Auf die jeweiligen Bedürfnisse gehen wir als Unternehmen ein. Nach Bedarf entwickeln wir für unsere Kunden weitere spezifische Applikationen, wie z.B. Schnittstellen, welche ihnen den Arbeitsalltag vereinfachen.
Wieso steckt die Digitalisierung bezüglich Betreuungsinstitutionen in der Schweiz noch in den Kinderschuhen?
Nina Lodise: Ich vermute, dass sich gewisse Bereiche des Sozialwesens erst im Laufe der Zeit professionalisiert haben. Arbeitnehmende im Sozialwesen sind oftmals wenig technisch versiert. Die Digitalisierung ist in meinen Augen aber insbesondere im genannten Bereich wichtig, denn das Sozialwesen ist von einem grossen Spardruck betroffen. Viele Bereiche werden aber nie digitalisiert werden. So kann die Klientenarbeit, die Betreuung der Kinder, und vieles mehr nicht digitalisiert werden. Der administrative Aufwand, welcher notabene beachtlich ist, kann hingegen gut digitalisiert werden. Die Fachkräfte haben so mehr Zeit, um sich auf Ihre Kernaufgaben zu fokussieren. Auch haben sich die Familienformen gewandelt. Immer mehr Frauen sind heute berufstätig und der Bedarf nach Betreuungsplätzen – und nicht zuletzt auch der damit verbundene administrative Aufwand – ist immens gestiegen. Diese neuen Wandlungen treiben den Bedarf nach digitalen Lösungen stark an.
Diego Lodise: Eine Digitalisierungsmöglichkeit kann aber nicht von einem Tag auf den anderen verwirklicht werden. Unsere Software- und Applösung wurde bereits anfangs 2020 als Projekt skizziert. Es brauchte viel Zeit, Erfahrung, Know-how und Unterstützung, um ein gutes Produkt auf den Markt zu bringen.
Welchen Stellenwert hat die Swissness bei Ihrer Software?
Nina Lodise: Einen sehr grossen Stellenwert – fast sogar den grössten. Swissness steht für höchste Qualität und Vertrauen. Unsere Kunden sollen sich mit unserem Produkt identifizieren können. Wir verwalten schlussendlich hochsensible Daten. Als Sozialarbeiterin und angehende Juristin ist mir die Einhaltung der Schweizer Datenschutzbestimmungen absolut wichtig. Die Leoba GmbH trägt das Label «swiss made software und swiss hosting». Die Anforderungen, um eine solche Zertifizierung zu erhalten, sind sehr hoch. Unsere gesamte Software- und Applösung wurde ausschliesslich in der Schweiz entwickelt und unsere Daten werden ebenfalls ausschliesslich in der Schweiz gehostet. Ferner sind alle unsere Partner regional verankert.
Wo gibt es in Ihrer Branche noch Potenzial nach oben?
Nina Lodise: Viele Institutionen haben Angst vor einer Digitalisierung und dem Einsatz technischer Mittel. Es braucht Vertrauen, Fachwissen, seriöse Partner und eine engmaschige Betreuung. Aus diesem Grund begleiten wir unsere Kunden vor Ort mittels Schulungen und arbeiten mit Videos und Handouts. Weiter zeigt sich, dass der Kostendruck vielen Betreuungsinstitutionen Sorgen bereitet.
Was wünschen Sie sich in Zukunft für Ihr Unternehmen respektive Ihre Softwarelösung?
Nina Lodise: Unser grösster Wunsch ist es, zufriedene Kunden zu haben, welche gerne mit unserer Software- und Applösung arbeiten. Wir hoffen, dass wir möglichst viele Betreuungseinrichtungen auf unser Produkt aufmerksam machen können. Unser Hauptziel ist es, dass der administrative Aufwand auf ein Minimum reduziert und die Zeit für das Wichtigste eingesetzt werden kann: die professionelle Betreuung der Kinder.
Interview: Corinne Remund